Stabiler Stellenmarkt

Gute Zeiten für die eigene Karriere

Von Jens Bartels und Michael Gneuss · 2023

Trotz des schwierigen Umfelds zeigt sich der deutsche Arbeitsmarkt robust. Auch im neuen Jahr werden sich Fachkräften eine Vielzahl unterschiedlicher Wege zum beruflichen Erfolg eröffnen. Zugleich rücken Themen wie Remote Work, flexible Arbeitszeiten und neue Formen der Zusammenarbeit in der modernen Arbeitswelt zunehmend in den Vordergrund.

Gut ausgebildet, gehen Arbeitnehmer heute selbstbewusst in den Bewerbungsprozess
Gut ausgebildet, gehen Arbeitnehmer heute selbstbewusst in den Bewerbungsprozess. Foto: iStock / fizkes

Viele Beschäftigte in Deutschland schauen mit großem Selbstbewusstsein auf ihren Marktwert. So glauben laut einer Studie im Auftrag des Online-Portals Meinestadt.de mehr als die Hälfte der Fachkräfte in der Bundesrepublik, dass sie sich den Job aufgrund ihrer Qualifikation oder Erfahrung aktuell aussuchen können. Gleichzeitig fühlen sich weniger als ein Drittel der befragten Beschäftigten dem Arbeitgeber sehr verbunden. Das Zusammenspiel beider Faktoren zeigt die Bereitschaft der Wechselwilligkeit vieler Bundesbürger: Es wird also für Fachkräfte zunehmend leichter, etwas Besseres zu finden, und für Arbeitgeber zunehmend schwieriger, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an sich zu binden oder neues Personal zu zu gewinnen.

Arbeitsmarkt bleibt stabil

Dies liegt auch an der stabilen Lage des deutschen Arbeitsmarkts. Trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der damit verbundenen Sorge um die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden Monaten zeigt sich der deutsche Arbeitsmarkt robust. Auswirkungen der wirtschaftlichen Abschwächung sind aber bereits erkennbar. So ist die Arbeitslosenquote im Oktober nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit saisonbereinigt auf 5,3 Prozent gestiegen. 

Dennoch beläuft sich die Zahl der offenen Stellen bundesweit auf 1,82 Millionen, das geht aus der IAB-Stellenerhebung hervor, einer regelmäßigen Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Gegenüber dem zweiten Quartal 2022 sank die Zahl der offenen Stellen damit um fünf Prozent, im Vergleich zum dritten Quartal 2021 liegt sie aber immer noch um 32 Prozent höher. Die Werte deuten darauf hin, dass der Fachkräftemangel auf dem deutschen Arbeitsmarkt bestehen bleibt. 

Mangel an Fachkräften nimmt zu

In ihrem Trend-Report 2023 gehen die Arbeitsmarkt-Experten der Job-Portale Indeed und Glassdoor sogar davon aus, dass aufgrund des demografischen Wandels aus dem Fachkräftemangel ein genereller Arbeitskräftemangel entsteht. Ein Anhaltspunkt dafür: Die Zahl der Stellenangebote in Deutschland liegt trotz aller wirtschaftlichen Unsicherheiten laut dem Report bereits jetzt mehr als 50 Prozent über dem Vor-Corona-Niveau. Klar ist auch: In den kommenden Jahren wird sich die Situation nochmals deutlich verschärfen. Nach einer Untersuchung des IAB droht bis 2035 sogar der Verlust von sieben Millionen Arbeitskräften, wenn keine Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Umso wichtiger werden die beiden Bausteine Aus- und Weiterbildung. Sie bilden zentrale Faktoren, um einen Mangel an Fachkräften im eigenen Unternehmen zu verhindern. Dies gilt heutzutage selbst für Unternehmen mit hoher Strahlkraft, also für die stolzen Weltmarktführer, Hidden Champions und globalen Player in diesem Land.

Stabiler Stellenmarkt: Ausbildung verstärken

Junge Menschen können sich also immer häufiger aussuchen, wo sie ihre Karriere beginnen. Als besonders aussichtsreich gelten zum Beispiel die MINT-Berufe, also Tätigkeiten in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft sowie Technik. Aber auch viele weitere Berufe und Branchen sind ein ideales Sprungbrett für eine aussichtsreiche Karriere. 

Berufsanfänger beschäftigt dabei nicht nur die Fachrichtung, sondern oft genug auch die Frage, ob sie mit einer Ausbildung oder einem Studium in das Berufsleben starten sollen. Auf der einen Seite sind durch die Aufnahme eines Studiums spätere Berufswege weniger festgelegt als nach einer Ausbildung. Darüber hinaus ist ein Studium oft mit besseren Karrierechancen und guten Einkommensperspektiven verbunden. Auf der anderen Seite sollten sich junge Menschen gut überlegen, ob sie genug Selbstdisziplin und Eigeninitiative für ein Studium aufbringen. Auch das anfängliche Fehlen eines regelmäßigen Einkommens muss berücksichtigt werden. Zudem liegt der Schwerpunkt auf dem Erlernen von theoretischem Wissen nicht allen Menschen gleich gut. Beim Abwägen der verschiedenen Argumente darf schließlich nicht vergessen werden, dass auch eine duale Ausbildung attraktive Karrierechancen birgt. Denn in Zeiten des lebenslangen Lernens eröffnen auch später noch viele Fortbildungsangebote oder Fernstudiengänge Möglichkeiten, auf der Karriereleiter die nächsten Stufen nach oben zu erklimmen.

Positive Kultur etablieren

Für Unternehmen bedeutet die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, dass sie neben attraktiven Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten auch andere Instrumente nutzen sollten, um ihren Fachkräftebedarf zu decken. Einen echten Mehrwert bieten zum Beispiel oft Quereinsteigenden. Sie sind in der Regel hoch motiviert, bringen zudem branchenfremdes Know-how mit und sehen die Dinge oftmals aus einem komplett anderen Blickwinkel. 
Darüber hinaus tun Unternehmen auch gut daran, ihre eigenen Mitarbeitenden durch eine positive Unternehmenskultur zu begeistern. Gerade für die Generation Z spielt diese in Zeiten des technologischen Wandels, einer fortschreitenden Digitalisierung in der Arbeitswelt und der Etablierung von New-Work-Konzepten bei der Jobauswahl eine wichtige Rolle. So legen, passend zu den von Freiheit geprägten Facetten von New Work, 74 Prozent der Generation Z besonders Wert auf die eigene Unabhängigkeit und die Selbstbestimmung im Job. Damit liegt dieses Bedürfnis nach Freiheit gleichauf mit dem Wunsch, einen sinnvollen, erfüllenden Beruf auszuüben. Dies hat eine repräsentative Studie von Peek & Cloppenburg aus dem vergangenen Jahr ergeben. Als Arbeitgeber heißt es also: Handlungsfreiheit ermöglichen und die Mitarbeitenden durch Projekte mit Verantwortung selbstbestimmt entscheiden lassen, wann, wo und wie sie ihre Arbeit gestalten möchten. Willkommen in der neuen Arbeitswelt.

Schon gewusst?

45,6 Millionen Erwerbstätige gibt es nach Angaben des Statistischen Bundesamts derzeit in Deutschland. Nach Schätzungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) dürfte bereits im kommenden Jahr der Zenit bei der Beschäftigung mit knapp 46 Millionen Erwerbstätigen überschritten werden. Danach scheiden wohl mehr Personen aus dem Erwerbsleben aus als neu hinzukommen. Ab dem Jahr 2026 verliert Deutschland dem IfW zufolge jährlich etwa 130.000 Personen im erwerbsfähigen Alter. Die Folge: Die bei Normalauslastung mögliche Zunahme an Wirtschaftsleistung dürfte Ende 2026 nur noch knapp 0,9 Prozent betragen, während der langjährige Durchschnitt bislang bei 1,4 Prozent liegt.

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